Sonntag, 7. Dezember 2014

Königsdisziplin in Indien: Fit bleiben!

Ich gebe es ja zu, meine Sportbesessenheit geht manchmal ein wenig zu weit. In der Vergangenheit hat meine Besessenheit so weit geführt, dass ich mit anderen Sport-Adicts (Gruß an Marcus S.!) durch irgendwelche vertrockneten Einöden Mexikos oder Nicaraguas bei beißender Mittagshitze gelaufen bin und sich den dort ansässigen Menschen der Kiefer ausrenkte. Zudem bin ich gerade das erste und wahrscheinlich auch letzte Mal in meinem Leben in Indien und das sollte eigentlich Grund genug sein, andere Dinge im Kopf zu haben.

Dennoch: Wenn man sein Leben lang auf nahezu täglicher Basis Sport getrieben hat, dann kann man nicht einfach so sagen: "Okay, ich bin jetzt in Indien, jetzt mache ich einfach mehrere Monate nix." Und glaubt mir, ich hab es probiert! Nach drei Wochen des Nichtstuns fühlte ich mich aber körperlich so schlecht und unausgeglichen, dass ich es kaum mehr ertragen konnte.

Wozu das geführt hat?

Zu mehreren Ausdauerläufen durch die indische Metropolen-Prärie, die an Absurdität kaum zu überbieten waren. Erstmal vorweg: In Delhi bzw. Indien gibt es keine kleinen Sportstadien oder gepflegte Wälder, wo man sich konditionell austoben könnte. Für so etwas fehlen schlichtweg die öffentlichen Mittel. Erst recht für Fußball-, Basketballplätze oder sonstige Extravaganzen.


Die einzige Option, die deshalb verbleibt: kleine mittelmäßig versüffte Parks inmitten der Innenstadt. Eine Runde in so einem Park mag in etwa 200 bis 300 Meter lang sein und dementsprechend lauten meine Tagesziele dann zwischen 25 und 30 Runden dort zu laufen. Was würde ich dafür geben, wenn versüffte Parks meine einzigen Probleme wären! Denn: Neben der bestialischen Luft der versmogtesten Stadt der Welt, die meine Lunge buchstäblich nach einem Sauerstoffzelt schreien lässt, ist da auch noch ein weiteres Hindernis: der zweite Volkssport der Inder, Walking. Und das nicht zu knapp.

Ich bin nicht sicher, ob das nur ein Delhi-Ding ist, aber Muttis, Omas, Opas und Männer ziehen sich Laufschuhe zur Jeans oder dem Sari an und walken. Runde für Runde, Tag für Tag - und wo? Richtig, im Park. Der einzig möglichen Sphäre der körperlichen Ertüchtigung in Indien. Genau, da wo der übermotivierte Ausländer regelmäßig morgens erscheint und im Slalomlauf seine 30 Runden absolviert und dabei mehr Ausweichmannöver als Meter macht.

Die Inder werden sich wohl fragen: "Ist dem das nicht nach einer Weile auch zu blöd,  andauernd einen Hindernislauf zu absolvieren, bei dem indische Hausfrauen ihm empört hinterher blicken, wenn er sie abermals denkbar knapp auf dem denkbar schmalen Weg passiert?"

Nein, ist es mir nicht, liebe Damen und Herren. Ich habe nämlich keine andere Wahl - so traurig das auch ist. Denn selbst in den Fitnessstudios würde es auf das Gleiche hinaus laufen. Nur würde ich dort 30 Euro im Monat bezahlen und dürfte mir drei Laufbänder und vier Hanteln mit 287 verschiedenen Menschen teilen. Demnach ist es der einzige Unterschied, ob ich Stress-Sport im Fitnessstudio für 30 Euro im Monat oder im Park für lau habe.

An ganz bizarren Tagen bekommt dieses ganze Dilemma übrigens die Sahnehaube aufgesetzt. Etwa einmal pro Monat erscheinen Affen im Park und machen das Erlebnis Stress-Sport ultimativ perfekt. Nun müssen in den Laufweg neben den Walkern und Walkerinnen auch noch aufgeregt umherspringende indische Kids einkalkuliert werden, die mit ihren Cricket-Schlägern den Affen hinterherjagen.

Somit wäre es wohl eindeutig bewiesen: Fit bleiben in Indien ist die ultimative Königsdisziplin!

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